KOMPLETTSANIERUNG EINES EXKLUSIVEN GEWERBEGEBÄUDES

Komplettsanierung eines exklusiven Gewerbegebäudes

In den Jahren 2006/07 haben wir das kurz vor 1850 errichtete Gebäude Neuer Wall 7 in der Hamburger Innenstadt grundlegend saniert. Die besondere Herausforderung war dabei, dass der klassizistische Charakter des Gebäudes und die Stilelemente – soweit noch vorhanden – erhalten bleiben sollten. Diese Sorgfalt betraf vor allem die oberen Geschosse und die Sanierung des bauzeitlichen Treppenhauses. Aufgrund der bereits im vergangenen Jahrhundert erfolgten baulichen Veränderungen im Erdgeschoß, dem Ladengeschoß, und dem darüber eingebrachten Mezzaningeschoß war bei der Gestaltung der Fassade im Sockelbereich und beim Innenausbau dieser Stockwerke Kreativität gefragt, die moderne, zeigemäße Elemente harmonisch mit der historischen Substanz des Gebäudes verbinden würde.

Das 5-geschossige Geschäfts- und Bürohaus (originär ab dem 2. Obergeschoß mit Wohnungen*) ist Teil des in den Jahren 1844-46 durch Alexis de Chateauneuf (1799 – 1853) entworfenen Ensembles Alsterarkaden / Neuer Wall.

Chateauneuf darf unbestritten als einer der herausragenden Baumeister der Hamburger Architekturgeschichte gelten. Nach seinen Plänen wurde das Neustadtquartier nach dem Großen Brand von 1842 neu gestaltet. Bis zum heutigen Tage geben der auf Chateauneuf zurückgehende Wiederaufbauplan und zahlreiche seiner repräsentativen Bauten dem Hamburger Stadtzentrum seine unverwechselbare Prägung. Auch die Anlage begradigter Straßenzüge – wie der des „Neuen Walls“ – gehen auf ihn zurück.

Mit seinen Alsterarkaden und der Vergrößerung der Kleinen Alster wollte Chateauneuf ein würdiges Umfeld für die Staatsbauten Rathaus und Börse schaffen. Entgegen Chateauneufs einheitlichem Entwurf der Alsterarkaden kamen jedoch individuell gestaltete Gebäude durch unterschiedliche Baumeister zur Ausführung. Lediglich die vorgelagerten, vereinheitlichenden Arkaden selbst und die Anlage des Durchgangs Mellinpassage zum Neuen Wall hin wurden nach seinen Plänen realisiert.

Das damals zur Ausführung gekommene 5-geschossige Gebäude Neuer Wall Nr. 7 findet sein Pendent zur Rathausseite hin in dem Gebäude Alsterarkaden Nr. 9. Die beiden auf Eichenpfählen gegründeten Gebäude entsprechen sich spiegelbildlich. Sie sind durch schmale Passagen auf der Nordseite baulich miteinander verbunden und verfügen über einen gemeinsamen Lichthof. Die Grundrisse der Wohnungen, die verwendeten Stilelemente (Stuck und Türblätter, Wandpaneele etc.) und die Anlage der Treppenhäuser sowie deren schmuckhafte Ausführung entsprechen einander.

Der Neue Wall gilt als eine der besten und teuersten Einkaufsstraßen der Hansestadt. Flaniert man heute entlang der Shopping-Meile sind zahlreichen baulichen Veränderungen der vergangenen 150 Jahre augenfällig. Insgesamt ist das Bild der Fassaden entlang des Neuen Walls ein sehr heterogenes geworden, geprägt von Geschossversprüngen und unterschiedliche Traufhöhen.

Das Gebäude Neuer Wall 7 ist eines der wenigen, das noch seine ursprüngliche 5-Geschossigkeit und damit Traufhöhe aufweist. Erhalten ist das klassizistische konsolgestützte Kanzgesims als oberer Abschluss. Das Gebäude selbst wird von einem flachen Sattel- / Stadtdach bedeckt. Bauzeitlich ist auch noch die Unterteilung in drei Fensterachsen sowie die verputzte Fassadengestaltung ab dem 3. Stock. Die Fenster sind hier nach wie vor als Kreuzstockfenster bzw. im obersten Stockwerk als zweiflügelige Fenster ausgebildet. Die Fenster sind mit schlichten Profilen eingefasst, lediglich im dritten Obergeschoss verfügen die Rahmungen über ein wenig überstehende Ohren. Die Geschosse werden voneinander durch einfach profilierte Sohlbankgesimse abgesetzt. Bei der Fassadenerneuerung haben wir die plastischen Gestaltungselemente – Fensterprofilierungen und Gesimse – durch einen dunklen Grauton hervorgehoben, während der Rest der Fassade bewusst schlicht in einem gedeckten Weiß verputzt wurde.

Aufgrund der Bescheidenheit der historischen Fassade haben wir bei der Modernisierung der Fassade im Erd- und Mezzaningeschosses farblich zurückhaltend gearbeitet, aber durch die Verwendung von calzitischem Obernkirchner Sandstein als Verblender bewusst ein hochwertiges Material eingesetzt, das dem Ambiente des Neuen Walls als exklusive Einkaufsstraße Rechnung trägt und in der Hamburgischen Innenstadt als Baumaterial historisch tradiert ist.

Die neu gestaltete Fassade bezieht sich in ihrem Rhythmus der Öffnungen auf das historische Vorbild der bauzeitlichen Obergeschosse. Sie interpretiert die historisch geforderte Plastizität durch den Tiefenversatz der Sandsteinplatten in drei Ebenen neu und modern, dabei hält sich jedoch augenfällig zurück und folgt den Kompositionskriterien des goldenen Schnittes. Im Besonderen wurde der seitlich links liegende Eingang durch einen waagerechten Sandsteinsturzbalken überhöht und die Eingangstür zurückgesetzt, wodurch diese Plastizität unterstrichen wird.

Die für das Juweliergeschäft FREY WILLE gestalteten Schaufenster sind als bodentiefe Fensterelemente ausgebildet, die von draußen den Blick in das Innere ermöglichen – auf das Oval des Verkaufstresens des weltweit agierenden Wiener Unternehmens, das sich auf künstlerischen Emailschmuck der dekorativen Kunst spezialisiert hat.

* Von 1928 bis 2004/05 befand sich in dem Gebäude auf vier Etagen das „Kinderparadies“. Das legendäre Spielwarengeschäft bot auf allen Etagen Verkaufsflächen und verfügte über einen eigenen Eingang an den Alsterarkaden.

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